Das aktuelle Problem des Generationswechselmanagements im Handwerk ist bisher vorwiegend aus betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Perspektive betrachtet worden. Demgegenüber verfolgt das vorliegende Konzept einen prozessorientierten Ansatz und damit eine langfristige Begleitung und Beratung des Generationswechselmanagements in Handwerksbetrieben. Das Handwerk bietet dabei viele gelungene Modelle für den langsamen, gleitenden Übergang von Generation zu Generation und den teilweisen Verbleib bestimmter Aufgaben bei der älteren Generation (vom Telefondienst bis zum Kontakt mit älteren Kunden).

Betriebsübernehmer sind für die dynamische Wirtschaftsentwicklung einer Region ebenso wichtig wie Existenzgründer. Eine Betriebsübergabe birgt jedoch ein hohes Konfliktpotential: Auch bei professioneller Betreuung bleiben bis zu 40% der Übergabeversuche ohne Erfolg. Nach Berechnungen des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn stehen jährlich von den knapp 2 Mio. Familienunternehmen in Deutschland 71.000 Unternehmen mit insgesamt 680.000 Beschäftigten zur Unternehmensübertragung an, davon 63% aus Altersgründen. Es ist damit zu rechnen, dass künftig nur noch weniger als 50 % der Unternehmen familienintern eine/n Nachfolger/in finden werden und dass 7,5% der Unternehmen mit 32.000 Beschäftigten mangels geeigneter Nachfolger/innen stillgelegt werden müssen.

Im Osten Deutschland sind die Probleme der Unternehmensübergaben aus mehreren Gründen noch drängender. In der Privatisierungswelle nach der Wende gelangten vor allem die mittleren Alterskohorten in Positionen der Betriebsführung. Aufgrund dieser relativ homogenen Alterstruktur der Unternehmerschaft kommt es nun zu einem "Nachfolgestau", denn diese Unternehmer werden binnen weniger Jahre aus den Betrieben ausscheiden. Etwa 30% der Betriebe stehen in den nächsten fünf Jahren zur Übergabe aus Altersgründen an. Davon haben nur 30% einen (in der Regel familiären) Nachfolger. In neueren Erhebungen in verschiedenen ostdeutschen Regionen beläuft sich der Anteil der Geschäftsführer, die über 55 Jahre alt waren, auf 32% (Behr, Erhebung Sommer 2000), 22% (Behr/Kottmann, Erhebung 2001) und 24% (Schmidt, Erhebung Herbst 2001). Ein zusätzliches Problem in Ostdeutschland ist die schwache Kapitalausstattung der Unternehmen in Handel und Handwerk, die Betriebsübergaben erschwert.

Der Generationswechsel in kleinen Handwerksbetrieben im Osten scheitert oft daran, dass

  • der Betrieb viele Jahre nicht zukunftsorientiert geführt wurde
  • und heute den Erwartungen der nachwachsenden Generation an beruflichen Erfolg nicht entspricht,
  • keine nachfolgende Generation vorhanden ist bzw. niemand als Nachfolger aufgebaut wurde,
  • oder die Beziehung zwischen den Generationen zerrüttet ist.

GenerationenwechselDie Übergabe von Familienunternehmen an Nachfolger ist ein vielschichtiges Phänomen, das aus dem Blickwinkel unterschiedlicher Disziplinen von Betriebswirtschaft bis Psychologie und Unternehmensgeschichte untersucht wird. Wohl nie ist der intergenerationale Austausch enger verzahnt, in Macht, Zutrauen und Verantwortung schärfer verfugt, wohl auch gefährdet, als wenn ein Generationswechsel aus Alters- oder Krankheitsgründen in inhabergeführten Betrieben ansteht.

Von besonderem Gewicht bei solchen anstehenden oder später möglichen und nötigen Betriebsübergaben ist ihre in Grenzen mögliche Planbarkeit, die dazu nötigt, in Generationen zu denken. Denn Firmenübergabe ist kein Datum, zumeist kein breakpoint, sondern ein Prozess, für den es zukunftsorientierte Perspektiven über das Misstrauen, das sich gegen potentielle Nachfolger richtet, zu entwickeln gilt.

Ziel und intendierte Effekte:

Das Referenzprojekt zielt auf die Erarbeitung von innovativen langfristig angelegten Beratungs- und Begleitungsansätzen im Generationswechselmanagement unter besonderer Berücksichtung der Probleme in kleineren inhabergeführten Handwerksbetrieben. Gemeinsam mit den Praxispartnern sollen diese neuen Ansätze modellhaft getestet und sodann verallgemeinerungsfähig für unterschiedliche Zielgruppen aufbereitet werden.

Während das Problem des Generationswechselmanagements bisher vorwiegend aus betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Perspektive betrachtet worden ist (wobei fiskalische Fragen – Erbschaftssteuer etc. – und die Sicherung des betrieblichen Eigenkapitals im Moment der Betriebsübergabe im Vordergrund auch des in letzter Zeit deutlich angewachsenen Beratungsangebots standen), verfolgt das vorliegende Konzept einen prozessorientierten Ansatz und damit eine langfristige Begleitung und Beratung im Generationswechselmanagement in Handwerksbetrieben. Dazu gehören Beratungs-, Schulungs- und Begleitmaßnahmen, die von den Handwerkskammern und Innungen sowie von weiteren Bildungsträgern durchgeführt werden, mit folgenden Schwerpunkten:

  • Erziehung von Unternehmensnachfolgern/innen (vom Kindergartenalter an, z.B. über Kurse, Freizeiten, internationalen Austausch mit Unternehmerfamilien, Schullaufbahn-, Studien- und Berufsberatung usw.)
  • Aufbau und (familiäre) Integration (bis hin zur Adoption) von nicht verwandten Unternehmensnachfolgern
  • Begleitung der Aufteilung des betrieblichen Vermögens auf mehrere Erben; Entwicklung von langfristigen Strategien für die Beteiligung von nicht geschäftsführenden oder betrieblich eingebundenen erbenden Gesellschaftern (nachhaltige "Real"-teilungsstrategien: eventuell steuerliche Privilegierung der Einbringung von ererbten Unternehmensanteilen in neue Unternehmen)
  • Begleitung von "Erbhof"-Konzepten, bei denen das betriebliche Vermögen in einer Hand bleibt (eventuell steuerliche Förderung, abhängig von der langfristigen Sicherung des Familieneigentums).

Praxispartner:

  • Handwerkskammer Halle (Saale) und Handwerkskammer Magdeburg

Maßnahmen und Arbeitsplan:

Durchführung von Einzelbefragungen, -beratungen und -begleitungen von Unternehmen im Hinblick auf die Integration der nächsten Generation unter besonderer Berücksichtigung

  • der Adoleszenzphase von potentiellen Unternehmensnachfolgern der attraktiven Formulierung der Aufgaben der/s "Seniorchefin/s", besonders für Seniorchefs/innen als Stütze der Ausbildung Jüngerer
  • der Kundenbindung, die bei älter werdenden Kunden über die/den Seniorchef/in im Unternehmen läuft
  • der Einbindung ausgeschiedener Gesellen als Wissensressource
  • der Werkzeuge und Arbeitsplätze, die für ältere Mitarbeiter angepasst sind
  • des Verbleibs bestimmter Aufgaben bei der älteren Generation
  • der Entwicklung und des Einsatzes von Kursen und Schulungen bis hin zu "summer camps" für Unternehmensnachfolger/innen".

Im Referenzprojekt sollen konkrete Beratungs-, Schulungs- und Begleitungsmaßnahmen entwickelt werden, die sodann von den Handwerkskammern Halle und Magdeburg sowie von weiteren Bildungsträgern mit folgenden Schwerpunkten durchgeführt werden sollen. Dazu gehören Maßnahmen zur:

  • Erziehung von Unternehmensnachfolgern/innen
  • Aufbau und (familiäre) Integration von nicht verwandten Unternehmensnachfolgern
  • Begleitung der Aufteilung des betrieblichen Vermögens auf mehrere Erben
  • Begleitung von Konzepten, bei denen das betriebliche Vermögen in einer Hand bleibt.

Geplant ist zum einen das Coaching-Angebot an interessierte Handwerksbetriebe und zum anderen die Durchführung von mindestens zwei Veranstaltungen/Kursen pro Jahr und Handwerkskammer.